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Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Murianer Industrie

Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Murianer Industrie

In Muri gibt es rund 5200 Arbeitsplätze, davon 31 Prozent in der Industrie. Die Coronavirus-Krise beginnt die Schweizer Industrie zu schmerzen.

Die Wirtschaft hat sich schlechter entwickelt, als noch im März angenommen. Vier Murianer Industriebetriebe berichten von ihrer momentanen Situation.

Stefan Heggli, Präsident der Industrievereinigung Muri, erinnert sich noch an die Diskussion kurz vor dem Lockdown beim traditionellen Morgenkaffee der Industrievereinigung. «Wir wollten uns in zwei Wochen wieder treffen, was ja dann nicht mehr möglich war», so Heggli. Jetzt gelte es abzuwarten, «Wie es weitergehen wird, ist noch nicht abzusehen. Zwar wird das Virus hoffentlich in ein paar Wochen eingedämmt sein, aber die Folgen werden uns länger beschäftigen», ist der Präsident überzeugt.

«Grundsätzlich sind Unternehmer positiv denkende Menschen. Es ist in der aktuellen Situation jedoch schwierig, Optimist zu bleiben», stellt Robert Barrer, CEO Multigraf AG, heraus. Er hofft, dass die Massnahmen bis spätestens Ende Mai aufgehoben oder gelockert werden können, nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit. «Auf jeden Fall wird diese Krise nicht spurlos an uns vorbeigehen. Es bleibt eine riesige Herausforderung, unsere Betriebe neu auszurichten und die Arbeitsplätze zu sichern. Auf jeden Fall bleiben wir Unternehmer optimistisch», betont Barrer.

Die grössten Risiken liegen in der Logistik

Die grössten Risiken liegen in der Logistik Für Martin Meier, CEO der Robatech AG, ist das Wohl seiner weltweiten Mitarbeiter von grösster Relevanz. «Entsprechend unternahmen und unternehmen wir alles um unsere Mitarbeiter zu schützen, insbesondere hier in Muri an unserem Hauptsitz.» Die Robatech AG stellt Klebstoff-Auftragssystemen für Heiss- und Kaltleim her. Das Unternehmen ist dabei sehr international ausgerichtet mit Standorten in über 70 Ländern und einem sehr hohen Exportanteil.

Die Corona-Krise habe betrieblich grossen Einfluss auf die Firmengruppe. «Die grössten Risiken erkennen wir in der Logistik, dem möglichen Auftragseinbruch je länger zahlreiche Länder einen Lockdown fahren und in der potentiellen Ansteckung von Mitarbeitern. Sollte es zu Lieferengpässen kommen, haben wir eine Überwachung eingerichtet um die schweizerische Pharma- und Lebensmittelindustrie zu priorisieren.» Dank dem weltweiten Netz habe man schon früh Informationen aus erster Hand durch die Tochtergesellschaft in China gehabt. Entsprechend wurde ein Coronastab am Hauptsitz in Muri gebildet, der zahlreiche Massnahmen entschieden und umgesetzt hat. «Generell ist es erfreulich, dass die umgesetzten Massnahmen bisher sehr gut funktioniert haben und wir bisher keine Kurzarbeit leisten mussten.»

Als «kritische Infrastruktur» eingestuft

Auch die Fischer Söhne AG setzt die Vorgaben des BAGs konsequent um. Diverse Mitarbeiter sind in Homeoffice. Gefährdete Personen bleiben zu Hause. «Aktuell läuft die Produktion bei der Fischer Söhne AG unter Volllast», erklärt Iwan Tresch, CEO der Fischer Söhne AG. «Wir produzieren Spritzgiessteile aus Kunststoff für Kunden aus der Pharma-, MedTech-Branche. Diese Kunden haben aktuell einen eher höheren Bedarf und wollen vor allem sicherstellen, dass die Produktion bei uns in jedem Fall weiterläuft.» In einem anderen wichtigen Bereich der Fischer Söhne AG produziere man Kanister auch aus Kunststoff. Diese Kanister würden aktuell dringend zum Abfüllen von Desinfektionsmittel benötigt. Die Fischer Söhne AG ist eines von drei Unternehmen schweizweit, welches solche Kanister produziert. «Deshalb sind wir auch vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz als «kritische Infrastruktur» eingestuft worden», informiert Tresch.

Im innersten Nerv getroffen

Anders sieht es in den beiden Firmen, die in der grafischen Industrie zuhause sind von Robert Barrer aus. Mit den ergriffenen Notmassnahmen rund um die Welt seien die Marktaktivitäten seiner Kunden komplett zum Erliegen gekommen. Anstehende Projekte wurden gestoppt. «Wir haben nach wie vor vielversprechende Gespräche, Projekte sind da, werden aber verschoben auf die Zeit nach Corona. Ausser ein paar Ersatzteilbestellungen und paar Serviceeinsätzen in der Schweiz ist das Geschäft komplett eingebrochen.» Man habe Kurzarbeit mit 100 Prozent beantragt und bewilligt erhalten. Auch eine Beanspruchung der Überbrückungskredite stehe zur Diskussion, dann wenn es die Situation auch tatsächlich erfordere, so Barrer weiter. «Die Corona-Krise hat uns, wie viele andere Betriebe, im innersten Nerv getroffen.»

Finanziell stabil

Die STOBAG AG, ein Schweizer Familienunternehmen in der dritten Generation in der textilen Sonnen- und Wetterschutzbranche, hat im Moment noch keine Lieferschwierigkeiten, obwohl die Beschaffung aufgrund der Situation in Europa schwierig ist. Man spüre zwar einen leichten Rückgang der Nachfrage in der Schweiz und führe das auf die Zurückhaltung bei Investitionen und eine gewisse Angst vor Kontakt mit den Handwerkern zurück. Finanziell sei man stabil und könnte auch längere Umsatzausfälle verkraften. Daher habe man am Standort Muri bisher noch keine Kurzarbeit anmelden müssen.

Die Verunsicherung ist hoch

Was die Zukunft bringt, können die Murianer Unternehmer im Moment nicht abschätzen. Die Verunsicherung sei jedoch hoch. Entscheidend werde sein, wie sich die Krise entwickelt und welche Massnahmen der Bundesrat in den nächsten Wochen ergreifen wird. Alle unterstützen die Massnahmen der Behörden zur Eindämmung der Epidemie, hoffen aber auf eine baldige Rückkehr zur Normalität. «Die Pandemie ist nicht nur wirtschaftlich sehr schmerzhaft für alle. Es geht uns wie wohl allen anderen Firmen: Je eher die Corona-Pandemie im Griff ist, je eher Länder ihre Massnahmen herunterfahren, desto besser. Wir setzen uns laufend mit möglichen Massnahmen und Szenarien auseinander, nutzen die Zeit aber auch um Zeit nach der Pandemie zu planen», so Martin Meier.